Im Rahmen der Deutsch-Ukrainischen Jugendbegegnung „Meet up“ trafen sich bereits im September 2017 zwanzig Jugendliche aus Kiew, Mikolaiv und Potsdam in Berlin. Thema der Begegnung war „Nach dem Ende der Geschichte – die 80er und 90er Jahre in Deutschland und der Ukraine“. Mein Kollege Jakob Walosczyk und ich wollten mit den Studierenden folgende Fragen beantworten: Welche politischen Umstände führten letztlich zum Mauerfall bzw. dem Ende der Sowjetunion? Wie gestaltete sich das Leben der Menschen vor und hinter dem Eisernen Vorhang? Wie haben sie die Zeit erlebt? Wie hat man sich als Punk in der DDR gefühlt? Wie hat man in der Sowjetunion bzw. in den frühen 90er Jahren in der Ukraine studiert? Diese Fragen wurden in Zeitzeugengesprächen und Museumsbesuchen beantwortet.
Jakob Walosczyk und ich sind schon lange als DAAD-Lektoren in der Ukraine. Wir haben in Gesprächen mit ukrainischen Kollegen festgestellt, dass die 80er und 90er Jahre hier noch sehr präsent sind. Es geht jedoch nicht nur um die Erlangung der Unabhängigkeit am Anfang der 90er Jahre, sondern vor allem um das, was danach stattfand: Privatisierungen und das Aufkommen von Oligarchen, das die 90er in der Ukraine prägte. Das wollten wir mit der Entwicklung in Deutschland vergleichen, ein Land, das sich nicht von einem größeren Imperium lossagen musste, sondern dass seine innere Einheit finden musste. Die Auswirkungen von beiden historischen Entwicklungen sind noch heute sowohl in der Ukraine als auch in Deutschland zu spüren.
Die Studierenden waren vielfältig zusammengesetzt: Fünf Maschinenbaustudierende aus Kiew, fünf Germanistikstudierende aus Mikolaiv und zehn Russischstudierende aus Potsdam diskutierten über eine Zeit, die sie selbst nicht aktiv miterlebt hatten. Deswegen gehörte das Fragen von Familienmitgliedern und Verwandten zum Programm genauso dazu wie die selbstständige Recherche und schließlich das Zusammenfinden zu Projektgruppen mit der Frage: Was interessiert mich besonders an der Zeit?
Ziel der Begegnung war die Konzeption einer Ausstellung. Was sich im September noch weit weg und etwas ambitioniert anhörte, wurde im März 2018 Wirklichkeit: Die zweite Begegnung in Kiew stand auf dem Programm und es blieben insgesamt 7 Tage, um die Ausstellung zu konzipieren und aufzubauen. Auch in Kiew folgten Zeitzeugengespräche, Museumsbesuche und Seminare. Am Ende der Woche wurde die Ausstellung eröffnet. Die Projektgruppen arbeiteten mit Hochdruck an ihren Exponaten, gaben sich gegenseitig Hinweise und freuten sich auf die Eröffnung der Ausstellung im Art-Space „Ostriv“ in Kiew.
Unter Anwesenheit der Deutschen Botschaft, Universitätsvertretern und DAAD- und OeAD-Lektoren wurden Eröffnungsreden gehalten, Sekt ausgeschenkt und bei einer Führung die Exponate genauer in Augenschein genommen. Der eine oder andere Studierender war am Ende außer Atem, so oft gab es Nachfragen, Diskussionen und Interesse am Exponat. Mit den Eindrücken einer gelungenen Eröffnung trennte man sich nach insgesamt 14 Tagen mit neuen Eindrücken, vielen Informationen und neuen Freunden, die sich so schnell nicht aus den Augen verlieren werden!
Das Projekt wird gefördert im Programm „MEET UP! Deutsch-Ukrainische Jugendbegegnungen“ der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ).
Anja Lange, DAAD-Lektorin in Kiew